Ein Blick in die Urzeit
Fossilien aus der Grube Messel
Plakat und Termine
Presseberichte
Messel – Die etwas besondere Ausstellung
von Hans Thelen
Die von Angela Thelen organisierte Fahrt zur Grube Messel bei Darmstadt hat große Aktivitäten bei uns nach sich gezogen. Wie bereits berichtet, war diese Fahrt ein Erfolg und für die Teilnehmer sehr erlebnisreich. Die Grube Messel ist bekannt für Fossilienfunde, die von der Senckenberg-Forschung wissenschaftlich aufgearbeitet werden und einmalig erhalten sind.
Mit der Senckenberg-Forschung und dem gleichnamigen Museum in Frankfurt konnten wir eine Zusammenarbeit vereinbaren, die dazu führte, dass uns, dem HVN , für Ausstellungszwecke im „Kleinen Museum“, 15 ausgesuchte Fossilien als Leihexponate zur Verfügung gestellt wurden. Bei den Exponaten handelt es sich um Stücke aus dem UNESCO Weltnaturerbe. Für uns hier in Niederbachem hat das schon eine große Bedeutung.
Bei der Vorbereitung und dem Aufbau der Ausstellung hat uns Herr Dr. Thomas Lehmann von der Senckenberg-Forschung sehr geholfen. Seine Erfahrung aus ähnlichen Projekten kam uns dabei zu Gute.
Im „Kleinen Museum“ haben wir drei Vitrinen, die für Wechselausstellungen vorgesehen sind. Damit man sich zum Anschauen der Fossilien nicht zu tief bücken muss, wurden die Vitrinen auf Ytonsteine aufgesetzt, die noch von Tenten-Fassbender besorgt werden mussten. Vier kräftige Männer waren hierfür notwendig, die wir in Udo Barthels, Walter Rohwedder. Benedikt Auen und Uli Flöhl fanden.
Dr. Lehmann und ein Kollege von der Senckenberg-Forschung haben dann die seltenen Schätze in einem Spezialkoffer zu uns gebracht. Die Originalfossilien sind in einer besonderen Kunststoffmasse eingelegt, so dass sie nicht so leicht beschädigt werden können und auch transportabel sind. In dieser stabilen Masse können sie auch in die Vitrinen aufgestellt und entsprechend bezeichnet werden. Dr. Lehmann hatte für die Aufstellung besondere Staffeleien besorgt, die jetzt bei uns für spätere Aktivitäten verbleiben. Beide Senckenberg-Mitarbeiter übernahmen dann auch die Dekoration und Aufstellung. Zwei wunderschöne Rollups zur Museumsdekoration kamen auch von Senckenberg.
Unsere Aufgabe war, auch für diese Exponate entsprechende Standortsicherheit in der Unterbringung als auch bei der Versicherung zu schaffen.
Dr. Lehmann hatte uns eine Beschreibung der Fossilien gefertigt und uns Fotos zur Verfügung gestellt, die uns in die Lage versetzten, eine kleine Begleitschrift zu der Ausstellung zu machen.
Wir sind stolz darauf, im „Kleinen Museum“ eine solche Ausstellung zeigen zu können, ohne übermütig zu werden. Mit Staunen und auch etwas Ehrfurcht vor Zeugnissen aus der Zeit vor 48 Mio Jahren präsentieren wir heute die Fossilien. Zeigen sie uns doch, welche Lebewesen es in der Urzeit gab, wie sie aussahen. Ein unglaublicher Blick in die Urzeit, so haben wir auch den Titel der Ausstellung genannt.
Für die Besichtigungsmöglichkeit haben wir Termine vorgesehen, die wir jeweils veröffentlichen werden. Unser Angebot richtet sich auch an unsere Schulen, an unsere mit uns partnerschaftlich verbundenen Heimat- und Kulturvereine. Insbesondere aber an unsere Mitglieder und Freunde hier in Wachtberg und Umgebung. Bis Ende April 2018 bleibt die Ausstellung bei uns.
Die Exponate
Beschreibungen vom Senckenberg-Museum Frankfurt
1. Amphiperca multiformis / Raubbarsch
Obwohl drei Barschartige aus Messel bekannt sind, sind sie insgesamt seltener als die anderen Fischarten. Amphiperca multiformis unterscheidet sich durch sein relativ hochrückigen Körper und die einfache ungeteilte Rückenflosse.
2. Atractosteus / Knochenhecht
Atractosteus messelensis ist mit Abstand der am meisten gefundene Knochenhecht aus Messel. Äußerlich unterscheidet sich diese fossile Art kaum von ihren heutigen Verwandten. Die Schädelknochen sind massiv und stark skulpturiert, die mit spitzen Zähnen bewehrte Schnauze ist krokodilähnlich langgezogen und der Körper ist kettenhemdartig mit Schmelzschuppen gepanzert, was diesem Fisch ein besonders urweltliches Aussehen gibt.
3. Cyclurus kehreri / Schlammfisch
Cyclurus kehreri ist mit dem noch lebenden Schlammfisch (Amia calva) verwandt und ist einer der häufigsten Messel-Fischarten. Sie ist durch einen massiven, walzenförmigen Körper und eine langgezogene Rückenflosse charakterisiert. Obwohl sich Schlammfische von den Knochenhechten durch fortschrittliche Merkmalzüge unterscheiden, sehen sie aufgrund ihres massiven Schädels, der von zahlreichen skulpturierten Deckknochen umschlossen ist, recht urtümlich aus. Ebenso „primitiv“ ist die Wirbelsäule, die sich bereits im vorderen Schwanzflossenbereich deutlich nach oben biegt und dort aus „Doppelwirbeln“ besteht, die jeweils zwei verknöcherungszentren haben.
4. Thaumaturus / Ursprünglicher Knochenfisch
Thaumaturus intermedius ist ein Vertreter der „modernen“ Knochenfische. Sein Skelettbau ist fortschrifttlicher als derjenige der Knochenhechte und Schlammfische. So sind die Beschuppung und die Verknöcherungen des Schädels weniger massiv und die Schwanzflossenbasis ist annähernd symmetrisch gebaut. Bislang kennt man aus Messel nur Jungtiere, die kaum mehr als ein Jahr alt wurden.
5. Ailuravus macrurus / Blattfressende Nagetierart
Ailuravus macrurus ist bis dato der größte Nager der Grube Messel mit einer Kopf-Rumpf-Länge von etwa 40cm und einem fast 60 cm langen Schwanz. Insgesamt ähnelt diese Art auf den ersten Blick einem robust gebauten Hörnchen, obwohl keine nähere Verwandtschaft besteht. Ailuravus ist eigentlich Mitglied einer ausgestorbenen und sehr ursprünglichen Nagetierfamilie. Ailuravus zeigt Anpassungen sowohl an eine langsame, aber kraftvolle Fortbewegungsweise am Boden als auch an eine auf Bäumen kletternde Lebensweise. Zum Beispiel trägt Ailuravus kräftige und scharfe Krallen, die beim klettern hilfreich waren. Der Schwanz ist sehr lang, buschig behaart und diente als Balancierorgan, weniger als Greifschwanz. Ein rezentes Analogon für eine vergleichbare ökologische Nische wäre das heutige Riesenhörnchen aus Südasien, wobei sich dieses jedoch wesentlich agiler mit weiten Sprüngen in den Baumkronen fortbewegt. Vielleicht kann man auch den Koala für einen Vergleich heranziehen, der zwar ein Beuteltier ist, der sich aber langsam in den Ästen bewegt und kräftige Muskeln besitzt. Magen- und Darm-Inhalte zeigen, dass sich Ailuravus fast ausschließlich aus Blättern, wie z.B. von Lorbeergewächsen, ernährte, was mit Beobachtungen am Gebiss und an der Kaumuskulatur übereinstimmt.
6. Macrocranion tupaiodon / Igelverwandter
Dieses kleine Säugetier gehört zu einer ausgestorbenen Familie, die mit den heutigen Igeln nahe verwandt ist. Macrocranion tupaiodon ist mit 16cm Kopf-Rumpf-Länge und einem rund 15 cm langen Schwanz die größte von den zwei bekannten Arten dieser Gattung in Messel. Die Weichteilerhaltung lässt große Ohren, viele lange Tasthaare, ein dickes Fell und einen weitgehend unbehaarten Schwanz erkennen. Der Körperbau, insbesondere die Oberarmknochen, Schienbein und Wadenbein, lässt vermuten, dass es sich gut am Boden des messeler Urwalds fortbewegen konnte, jedoch nicht auf Bäume klettern, im See gut schwimmen, oder graben konnte. Interessanterweise offenbaren die Magen- und Darm-Inhalte tierische und pflanzliche Reste. Insbesondere wurden sehr viele Überreste von Fischen gefunden. Diese stammen sicherlich von Fischkadavern die regelmäßig am Ufer des Sees gefunden werden konnten. So kann Macrocranion tupaiodon als ein Allesfresser mit einer Vorliebe für Fisch angesehen werden.
7. Masillamys beegeri / Waldbewohnende Nagetier
Obwohl sie der gleichen Familie zugeordnet werden, war Masillamys beegeri mit einer Körperlänge von bis zu 40 cm deutlich kleiner als Ailuravus. Ähnlich wie Ailuravus trägt dieser Art die für Nagetiere typischen meißelförmigen und dauerwachsenden Nagezähne. Masillamys teilte sich wahrscheinlich mit Ailuravus die Äste als Lebensraum des Messeler Tropenwaldes, obschon deren Anpassungen an eine arborikole Fortbewegungsweise nicht identisch waren. Im Körperbau ebenfalls recht plump, besitzt Masillamys relativ kurze Extremitäten mit breiten Händen und Füßen. Jedoch sprechen die schmalen, hohen Krallen und die Schwanzlänge (50% der Körperlänge) für einen Leben in die Baumkronen, ähnlich wie bei den heutigen Kletterratten.
8. Hassianycteris messelensis / Größte Fledermaus in Messel
Hassianycteris messelensis war eine schnelle hochfliegende Art, die hinsichtlich ihrer Skelett- und Zahnmorphologie fortschrittlicher als die anderen Messel-Fledermäuse war. Ihre Unterarme sind lang und gebogen, der zweite Finger besteht lediglich aus einem Fingerglied.
Die Magen- Inhalte dieser seltenen Fledermausart bestehen oft aus massiven Insektenresten, wie beispielsweise Flügeldecken von Käfern. Wie die anderen Messel-Fledermäuse, benutze Hassianycteris sehr wahrscheinlich Echoortung um mit ihrer Umgebung zu interagieren.
9 Palaeochiropteryx tupaiodon / vorherrschende Fledermaus in Messel
Palaeochiropteryx tupaiodon ist mit mehreren hundert Funden die am häufigsten in Messel gefundene Säugetierart. Im Vergleich zu den anderen Messel-Fledermäusen, war Palaeochiropteryx tupaiodon eine kleine und spezialisierte Art. Ihr Unterarm ist im Vergleich zu ihrem zierlichen Körper lang und im oberen Teil gebogen. Magen- Inhalte von Palaeochiropteryx tupaiodon liefern sowohl Hinweise auf Fellpflege als auch auf ihre letzte Mahlzeit: Reste von Schmetterlingsflügeln und Kutikulabruchstücke von Insekten wie z.B. Moskitos.
10+11. Messelornis cristata / Messelralle
Messelornis cristata ist die häufigste Vorgelart in Messel. Die sogenannte Messelralle war bodenlebend, erreichte in etwa die Größe eines rezenten Wachtelkönigs, und war mit rezenten Binsenrallen und Rallen verwandt. Die wenigen Inhalte aus dem Verdauungstrakt von Messelornis bestehen aus einzelnen Fruchtkernen, so dass angenommen werden kann, dass sich die Art vorwiegend von Wirbellosen ernährte.
Die recht kurzen Zehen legen nahe, dass diese Vogelart ein Waldbewohner war, ähnlich der rezenten afrikanischen Rotfußralle. Die außerordentliche Häufigkeit von Messelornis könnte mit seiner terrestrischen Lebensweise in Ufernähe erklärt werden.
12. Messelophis / kleine Boaart
Diese kleine boaähnliche Schlange tritt häufig in Messel auf. Mit nur 40 cm Länge sind sie gleichzeitig auch die kleinsten Vertreter der Boaartigen. Diese Schlange trägt Zähne im Zwischenkiefer, hat kurze Ober- und Unterkiefer, so dass ihre Maulöffnung klein war. Für dieses Tier kamen nur kleine Beutetiere infrage. Dies lässt darauf schließen, dass Messelophis wohl auf der Erdoberfläche lebte. Ein Exemplar von Messelophis beinhaltet sogar einen fast fertign entwickelten Schlangenembryo. Obwohl nahezu alle heutigen Boas lebendgebärend sind, ist dieses Exemplar, der erste fossile Beleg für Viviparie (Lebendgeburt) bei Schlangen.
13. Eopelobates wagneri / überwiegend landlebender Frosch
Eopelobates gehört zu den am häufigsten gefundenen Fröschen aus Messel. Sein Körperbau zeigt charakteristische Anpassungen an eine rein landlebende Lebensweise. Z.B. ist der Oberkiefer kräftig bezahnt (was auch erlaubte kräftige Beute wie kleine Wirbeltiere zu überwältigen); die einzelnen Skelettelemente des Schädels sind verwachsen; und das Becken liegt flügelförmig erweiterten Beckenwirbelfortsätzen auf (was für eine krötenartige, laufende bis hüpfende Fortbewegung spricht). Weichteilerhaltungen weisen auf eine stärker verhornte Haut hin. Dieser Art sind auch einige Kaulquappe aus Messel zugeordnet worden.
14. Eolacertidae / kleine Eidechse
Die artenreichste Gruppe der Messel-Squamaten sind mit den Lacertidae verwandt, den echten Eidechsen und deren Verwandten aus Europa, Asien und Afrika. Anhand von Kieferknochen und einigen wenigen Schädelknochen ist eine große Artenvielfalt dieser Lacertiformes im Paläogen von Europa beschrieben worden. Die in Messel gefundenen und vollständig erhaltenen Skelette erlauben ein viel deutlicheres Bild dieser Echsen im treibhausähnlichen Ökosystem des Eozäns.
15. Palaeoemys messeliana / Sumpfschildkröte
Aus Messel sind über 100 Skelette der Altwelt-Sumpfschildkröte bekannt, von frisch geschlüpften Tieren bis zu über 30 cm langen ausgewachsenen Individuen. Die Gliedmaßen dieser Schildkröte sind charakteristisch für Arten, die in flachen Gewässern leben. Zu Lebzeiten waren die Vorder- und Hinterfüße von Palaeoemy wohl mit Schwimmhäuten ausgestattet, um eine effiziente Forbewegung im Wasser zu ermöglichen. Die Innenfläschen dieser Extremitäten waren zugleich mit harten Schuppen besetzt, um längere Landgänge zu erlauben und neue Lebensräume zu erkunden. Man kann daher davon ausgehen, dass diese Schildkröten den Messel-See über Land erreichten. Die breiten und kurzen Kiefer sind ein typisches Merkmal allesfressender Sumpfschildkröten, die sich von wirbellosen Tieren, Pflanzen, Fisch und Aas ernähren.